Am Freitag waren wir noch die üblichen Einkäufe erledigen. Es blieb
ziemlich ruhig, ich war ja auch wieder völlig im Einklang mit meinem
inneren Buddha.
Der Samstag stand dann ganz im Zeichen des Shopping-Vergnügens. Es ging
nach Holland, genauer gesagt nach Landgraaf zu vanCranenbroek. Auf dem
Weg noch ein kleiner Abstecher zu Burg Wilhelmstein, um einen
Veranstaltungskalender zu besorgen. Dort waren noch einige Baumaßnahmen
in Arbeit, nur Prospekte oder Plakate gab es noch nicht, also ging es
schnell weiter nach Landgraaf.
Da meine Co-Habitantin über ein unglaubliches Park-Feng-Shui verfügt,
fanden wir trotz schon gut gefülltem Parkplatz tatsächlich eine freie
Lücke gleich vor dem Ausgang. Ich holte uns einen Einkaufwagen und
bereitete mich auf den kommenden Wahnsinn vor, indem ich noch einmal
tief einatmete und versuchte eine stille Waldlichtung zu visualisieren.
Der Laden war voll, was aber zu ertragen war. Wir blieben direkt in der
Kinderbekleidungsabteilung hängen, wo sie ausgiebig für ihre Nichten
einkaufte. Waren ausgesucht schöne Klamotten dabei und nachdem wir dann
auch die passenden Shirts zu den stylischen Shorts gefunden hatten, war
bereits fast eine Stunde um.
Danach ging es dann einmal durch die Gartenabteilung und quer durch den
Deko-Artikel-Bereich, wobei sie an ihre Grenzen geriet, denn irgendwie
ist sie nicht in der Lage ein Warenregal in seiner Ganzheit zu erfassen
und sich dann zu entscheiden, welche Artikel sich einer näheren
Betrachtung als würdig erweisen. Nein, sie betrachtet jeden einzelnen
Artikel, wobei sie nicht angesprochen werden darf.
Tja, ich habe sie angesprochen. Dummer Fehler. Das bedeutete nämlich,
dass sie das gesamte Regal noch einmal von vorne ansehen musste, weil
sie nicht mehr wusste, welche Artikel sie schon gesehen hatte und welche
nicht. Kurzeitgedächtnisse scheinen bei anderen Lebensformen in diesem Universum eine eher untergeordnete Rolle zu spielen. Diesen Gang machten wir also dreimal. Denn sie kann auch immer
nur eine Seite eines Ganges nach der anderen erkunden. Ich blieb dennoch
geduldig. Bis sie mir das erste mal verloren ging.
Ich verstehe nicht, warum Frauen ganz offensichtlich nicht in der Lage
sind, einen Laden nach einem rational nachvollziehbaren System zu
besichtigen. Männer gehen einfach den Gang bis zum Ende durch und gehen
dann den nächsten wieder zurück. Meine Mitbewohnerin ist da
unkoordinierter. Fällt ihr Blick zufällig auf etwas interessantes,
verlässt sie ihre Route und verliert sich zwischen den Gängen. Es ist
ungefähr so, als würde man mit einem 3jährigen Kind durch einen
Süßigkeitenladen gehen.
In einem solchen Fall beendet man einfach seine eigenen Stöbereien und
sucht sich einen gut sichtbaren Punkt an einem der Quergänge und hält
nach ihr Ausschau. Denn - ganz wichtig! - sie geht natürlich davon aus,
dass man ganz im Gegensatz zu ihr, seinen Standort mit Beginn ihrer
wilden Rundumtour nicht weiter verändert. Sie lässt sich treiben und
erwartet von mir, den Anker zu spielen, zu dem sie wieder zurückkehren
kann, wenn ihr danach ist.
Ich suchte mir also einen bequemen Platz auf einer Holzbank am Rande der
Gartenmöbelausstellung und wartete gelassen auf ihre Rückkehr. Der Bank
gegenüber stand ein Camping-Klappstuhl, der mir auf den ersten Blick
schon ein wenig suspekt erschienen war. Als sie von ihrer
unkoordinierten Streiftour zurückkam, musst sie sich natürlich
ausgerechnet auf diesen Stuhl setzen, der prompt unter ihr
zusammenklappte, was zu bösen Quetschungen und einer kleinen Blutblase
an ihren Fingern führte.
Zu ihrer Verteidigung muss ich jetzt aber auch sagen, dass er Stuhl auf
jeden Fall schon vorher defekt gewesen sein muss, denn sie ist nicht so
schwer, als dass dieser Stuhl deshalb zusammengebrochen wäre. Aber so
kam es dann, dass sie ihren Finger in den nur wenig weiter stehenden
Gartenpool hielt, um ihn zu kühlen. Manchmal ist sie eben ein kleiner
Pechvogel. Nach einigen Minuten machten wir dann weiter mit der
Erkundung des reichhaltigen und extrem abwechslugsreichen Angebotes.
Auf dem Rükweg ging es dann noch einmal an den Pool. Danach hatte sich
das Pochen in ihrem Finger so weit beruhigt, dass wir auch die noch
verbliebenen drei Fünftel des Geschäftes abgrasen konnten. Dabei bewies
ich unglaubliche Geduld, denn warum um Himmels Willen muss man einen
Gang in vollerLänge abgehen, in dem es nur Farben und Lacke zu kaufen
gibt, wenn man nicht vor hat etwas zu streichen? Sie kann nicht. Es geht
nicht, denn - keine Ahnung - vielleicht findet man zwischen
pinienkernbraun und sonnenuntergangsorange doch etwas Nützliches.
Also blieb mir auch der Gang mit den Teichpumpen, den Aufsitzrasenmähern
(weder hier noch in Münster hat sie einen eigenen Garten, geschweige
denn einen, der groß genug für einen Rasentraktor ist), den
Malutensilien und natürlich auch der mit den Arbeitsschuhen nicht
erspart. Und das schlimmste stand mir ja noch bevor. Schließlich hatte
ich beim Betreten schon einen Blick auf die Hölle geworfen, die uns vor
den Kassen erwartete.
Nicht lange Schlangen. Egal wie voll der Laden ist, lange Schlangen an
den Kassen habe ich noch nie erlebt. Nein, es geht hier eher um die 5
(!) Gänge mit den Ramsch- und Kleinteil-Wühltischen, auf denen man
wirklich alles findet, was an mehr oder weniger unsinnigem Krempel in
den letzten 50 Jahren erfunden wurde. Wenn man sich jetzt daran
erinnert, dass sie ein Regal erst als wirklich abgeschlossen betrachtet,
wenn sie wirklich JEDEN Artikel gesehen hat, kann man schon erahnen,
warum ich von Hölle gesprochen habe...
Ich habe mir einen Ventilator mit Wasserzerstäuber, ein Paar rote Chucks
und ein Bund Sneakersocken ausgesucht. Mehr habe ich nicht gekauft.
Ihre Ausbeute lag nach fast 4 Stunden Einkauf bei gut 90 € und einer
großen Ikea-Tüte voll mehr oder weniger nützlichem Kleinkram. Viel mehr
war auch nicht drin, denn wir verließen das Gebäude exakt 10 Minten vor
Ladenschluss.
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