(* oh my god it's friday... AGAIN!)
Der erste Anruf kam schon am Morgen in der Firma. Ist ja nicht so, dass
ich mich nicht gefreut hätte zu hören, dass sie nicht so früh Feierabend
machen würde wie gedacht. Auch wenn die Freude nur vorübergehend war,
denn gleichzeitig wurde ich ohne eigenes Widerspruchsrecht darauf
hingewiesen, dass "unsere" Zeitplanung trotz anderslautender Absprache
nun doch den Einkauf vor dem Friseur vorgesehen hatte.
Der Friseur sollte allerdings schon um kurz nach 17 Uhr da sein, was bei
2,5 Stunden Fahrtzeit und einer Abfahrt in Münster so gegen 14 Uhr ein
bisschen... sagen wir mal knapp... kalkuliert war. Aber okay, was auch
immer sie will. Ich machte also vorsorglich schon einmal das Leergut
zurecht und packte genügend Einkaufstaschen ein. Die Wochenplanung hatte
ich bereits am Donnerstag abgeschlossen, sah dem was da kommen würde
also mit der mir in Jahren des Erduldens ihrer Launen angeeigneten
Gelassenheit entgegen.
Kurz vor 14 Uhr dann der nächste Anruf aus Münster: die A1 ist irgendwo
vor Hamm gesperrt. Die Fahrt würde wohl länger dauern. Trotzdem war sie
der festen Überzeugung, noch immer pünktlich genug zu sein, um
wenigstens einen Laden bereits vor dem Friseur zu erledigen. Um 14:10
Uhr kam dann die SMS, dass sie jetzt losfahre. Da hieß es nochmal tief
durchatmen, sich seines Kharmas bewusst zu werden und daran zu denken,
dass man als buddhistischer Mönch durch stilles Erdulden des Leids eine
Wiedergeburt in einem höheren Bewusstseinszustand erreichen würde.
Ich fügte mich also in das Unvermeidliche und wappnete mich gedanklich
schon gegen den wegen des zu erwartenden Staus sicherlich hohen
Stresspegel meiner Co-Habitantin. Ich stand also wie befohlen gegen 16
Uhr mit gepackten Taschen zum angepeilten Sprint ins Auto bereit. Das
Ticken der Uhr nimmt kurz vor ihrem Eintreffen immer einen leicht
bedrohlichen Klang an. Und diesmal tickte sie schon länger als
gewöhnlich.
Und tatsächlich, nach 16 Uhr die nächste SMS. Sie sei jetzt in
Gelsenkirchen. Ah ja. Wahrscheinlich war sie dem Navi über eine
Ausweichroute gefolgt, was bei einer Vollsperrung der Autobahn ja auch
nur sinnvoll wäre. Nur ganz heimlich freute ich mich darüber, dass sie
dem aktuellen Standort auch die Bemerkung hinzugefügt hatte, dass wir
uns nun doch beim Friseur treffen würden. Wenn sie also nach dem Friseur
noch nach Aachen wollte, würde der Einkauf noch stressiger werden, oder
aber vielleicht doch erst am Samstag Morgen stattfinden, wie es
ursprünglich abgesprochen war. Da ich darauf aber eh keinen Einfluss
haben würde, harrte ich einfach der Dinge die da kommen würden.
Tatsächlich kam sie dann um 17:40 Uhr an, leicht gestresst, aber mit
einem aufgesetzten Lächeln, denn es waren ja noch andere Leute anwesend.
Ich erntete allerdings einen beinahe tödlichen Blick, weil ich noch
nicht die Haare geschnitten hatte. Sie telefonierte in der Zwischenzeit
und war trotzdem vor mir auf dem Friseurstuhl und brauchte natürlich
auch einige Zeit, bis sie mit der Frisur zufrieden war. Sie ist nun mal
auch der Alptraum aller Friseure.
Ich war schnell fertig, Nacken und Seiten ausrasieren und ein bisschen
die Spitzen des Deckhaares geschnitten, dann war ich fertig. Musste aber
noch warten, bis sie fertig gefönt war. Dann noch schnell gezahlt und
ruck zuck ins Auto, wo sie mich dann bremste und mir sagte, dass sie
heute nicht mehr nach Aachen müsse, wir könnten also in Ruhe einkaufen
gehen.
Auf dem Weg zum Laden erzählte sie mir dann von ihrer Odyssee durch das
Ruhrgebiet, deren Ausgangspunkt, die mir schon seit einigen Stunden
bekannte Sperrung der A1, ausgiebig erläutert wurde. Auch den Verlauf
der weiteren Strecke musste ich - gefühlt Kilometer für Kilometer -
anhören, was sich im Grunde aber so zusammenfassen lässt: das Navi wies
ihr den Weg, wurde in seiner Weisungsbefugnis von der Fahrerin jedoch
infrage gestellt, was dazu führte, dass ein gewisser Teil der Strecke
zwischen Gelsenkirchen und Düsseldorf über Landstraßen erfolgte, was
wiederum einfach der Tatsache entsprang, dass der Sinn von Begriffen wie
rechts und links für sie auf Ewig ein Mysterium bleiben werden.
Was bei einem angeschlagenen Boxer der Gong, ist bei einem
zugequasselten Beifahrer das Erreichen des rettenden Parkplatzes. Dort
holte ich freiwillig - und weil sie es eh nicht tun würde - einen
Einkaufswagen und nahm auch das Leergut aus dem Kofferraum mit. Ganze
drei Flaschen hatten es diesmal nur aus Münster ins schöne Rheinland
geschafft! Vor dem Leergutautomaten lief es reibungslos, bis die letzte
Flasche durch war, und genau dann ertönte ein nerviges Piepsignal, das
Display zeigte ein STOP! an und nach wenigen Sekunden war eine
Mitarbeiterin da, um den verzweifeln nach Papier schreienden Drucker mit
einer neuen Rolle Thermodruckpapier zu versorgen. Den Leergut-Bon
drückte ich nicht ohne eine Spitze Bemerkung meiner Mitbewohnerin in die
Hand und machte mich an den Einkauf.
Bereits im zweiten Gang wurde ich gebremst. Da gab es Gummi-Schuhe. Die
wollte sie haben, wusste aber noch nicht, ob sie bei den Damen oder den
Kindern nach ihrer Größe schauen sollte. Ich bekam den Leergut-Bon in
die Hand gedrückt, hatte aber aus dem Vorfall letzte Woche gelernt...
Bei den Damen fand sie dann die passende Größe, was allerdings nicht
zum Ende des Auswahlverfahrens führte, denn möglicherweise versteckten
sich in dem riesigen Haufen irgendwo noch andere Paare in Größe 37, die
vielleicht besser sein könnten, als das absolut makellose Paar, das sich
bereits in unserem Einkaufswagen befand. Nach einigen Minuten und dem
Umwälzen des Gesamten zum Verkauf stehenden Vorrats der
Damen-Gummi-Schuhe wurden dann aus den gewählten blauen Schuhen ein Paar
bräunlich-graue. Natürlich erst, nachdem ich ihrer Wahl zugestimmt
hatte. Die Farbe gefiel mir tatsächlich.
Ich wollte mich gerade erleichtert wieder in Bewegung setzen, da fiel
ihr Blick auf den Haufen mit den Herren-Gummi-Schuhen. Ich weiß nicht,
welchen unwiderstehlichen Reiz solche Haufen auf sie ausstrahlen, doch
gegen meinen ausdrücklichen Willen wurde damit begonnen, auch mir ein
Paar solcher Schuhe auszusuchen. Resigniert ergab ich mich in mein
Schicksal und sah zu, wie ein schwarzes Paar seinen Weg in unseren
Einkaufswagen fand. Innerlich schüttelte ich verzweifelt den Kopf, denn
ich hatte doch bereits seit Jahren so ein Paar in blau zuhause stehen
und das war noch völlig in Ordnung. Mit großer Geste und verbalem
Kommentar überreichte ich ihr feierlich den Leergut-Bon und wies darauf
hin, dass sie ihn nicht vergessen solle.
Ich hatte mit einem Donnerwetter gerechnet, ob meiner unzumutbaren
Frechheit, doch der Rest des Einkaufs gestaltete sich überraschend
einfach und ruhig. Ich führe das darauf zurück, dass die Jägerin bereits
Beute gemacht hatte und sich befriedigt auf ihrem Erfolg ausruhen
konnte. Der Friede hielt allerdings nur bis zur Kühltheke, wo ich mich
ungehörigerweise gegen den Kauf brasilianischer Rumpsteaks aussprach.
Mir hatten sie einen zu großen Fettrand und außerdem würde sie weder
Samstags noch Sonntags zum Essen da sein und ein Steak medium
vorgebraten für die Woche nach Münster mitnehmen hielt ich dann doch für ein bisschen
unsinnig.
Ihre darauf hin auf dem Tiefpunkt gesunkene Laune ließ ich nicht an mich
heran, gab auch noch Widerworte, was dazu führte, dass sie mir damit
drohte mich hier mit allem stehen zu lassen und alleine nach Hause zu
fahren. Ich sparte mir, ihr verbal mitzuteilen, wie sehr mir das heute
am Arsch vorbeigehen würde und schluckte auch weitere böse, aber
durchaus berechtigte Kommentare herunter, um des lieben Friedens willen.
An der Kasse lief es wie immer, ich hatte die Arbeit, sie die Aufsicht.
Wir mussten dann noch weiter zu Lidl und wirklich viel passiert ist
dabei nicht. Sie war einfach zu müde, um weiter rumzustänkern und mich
zu nerven. Nach 20 Minuten waren wir wieder draußen und auf dem Weg nach
Hause. Ich hatte mich auf einen ruhigen Abend gefreut doch ihr war
nicht nach einem Film, sie wollte lieber eine Tanz-Show auf einem von
mir sonst eher gemiedenen Privatsender sehen. Mich nervte vor allem der
immer völlig informationsfreie, viel zu enthusiastische Kommentar der
niederländischen Hilfsmoderatorin. Am allerschlimmsten war aber die
Fehlfunktion, dass ich den permanenten Audio-Kommentar meiner
Co-Habitantin auch mit dem verzweifeltsten Drücken der
Fernbedienungstasten nicht abschalten konnte.
Das führte dazu, dass ich mich bereits um halb zehn ins Bett
verabschiedete. Nicht ohne von ihr zu hören, dass ich mich nicht
anstellen solle und ihr Gesellschaft zu leisten hätte, sie müsse ja noch
wach bleiben bis die Waschmaschine abgelaufen sei. Ich ließ mich aber
auch durch ihren Dackelblick nicht davon abhalten, die beim Ansehen von
"Let's Dance" sich durch spontanen Suizid gegangenen Gehirnzellen mit
einer angenehmen und vor allem ansprechenden Lektüre wieder
aufzuforsten. Wann sie ins Bett gegangen ist, habe ich nicht mehr
mitbekommen...
Mal sehen, was das Wochenende noch so alles bringt. Sie hat ja bisher
noch nicht über ihre Frisur gemotzt, was sie sonst eigentlich IMMER
tut...
Da wartet also noch eine Menge Spaß auf mich ;-)
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