Dienstag, 15. Juli 2014

Jahrmarkt. Trödel und ein Nervenzusammenbruch

Am Donnerstag waren wir auf dem historischen Jahrmarkt in Kornelimünster. Schöne Bilder und einen ganz harmlosen Bericht über den Jahrmarkt findet ihr übrigens hier:



Aber natürlich war der Besuch in Begleitung meiner Co-Habitantin nicht ganz so harmonisch und angenehm. Wir waren ja nach Kornelimünster gefahren, um etwas zu unternehmen, an die Luft zu kommen, was zu sehen... Nun ja.

Es begann schon damit, dass sie sich nicht davon abhalten ließ einen Parkplatz am Friedhof zu suchen, die bekanntlich schon in den frühen Morgenstunden belegt sind, letzten Endes bedeutete das gute 500m in absoluter Schrittgeschwindigkeit durch Menschenhorden hindurch um dann am Ende doch wieder weiter oben auf die zum Parkplatz umfunktionierten Wiesen zu fahren und 3 Euro zu zahlen. Nicht zuviel, wie ich finde, immerhin kann man die Wiese danach nicht mehr für etwas anderes nutzen.

Dann also bergab marschiert ins idyllische Städtchen und mit Schrecken festgestellt, dass wir von der Seite kommen würden, an der der Antik-Trödelmarkt beginnt. Eigentlich wäre ich jetzt schon wieder gerne nach Hause gefahren, denn ich ahnte schon, dass es noch lange dauern würde, bis wir endlich zum Jahrmarkt kommen würden. Und so war es auch. Schon am ersten Stand musste sie jedes einzelne Teil des Angebotes genauestens in Augenschein nehmen.

Das ist beim Einkaufen mit ihr immer so. Fühlen, riechen, schmecken, begutachten. Und zwar ALLES. Vorher wird nichts gekauft. Wenn denn überhaupt etwas gekauft wird. Denn auch die Sachen, die niemals infrage kämen, weil sie weder für sie nützlich, noch nötig oder gar dekorativ sind, müssen einer nähergehenden Untersuchung unterzogen werden. Gehört wahrscheinlich zu den Studien, die sie für ihren Heimatplaneten auf der Erde macht...

Ich schlenderte also in gefühlter Zeitlupe den Weg entlang, schaute mal hier mal da, wie man das so macht und sah die andern Menschen an mir vorüberrennen, aber als ich mich nach 3 Metern umsah, war sie verschwunden. Das pralle Leben wogte um mich her, aber ich wagte nicht, mich von der Masse mitreißen zu lassen, sondern suchte sie noch immer am ersten Stand. Da war sie, zwischen zwei älteren Damen, die sich über Christallglas unterhielten. Ich wartete also. Ich habe immer gelächelt, war geduldig, habe sie nie zur Eile angetrieben.

Als sie sich langsam in meine Richtung bewegte, ging ich weiter. Langsam. Extrem langsam. Schaute mir den zweiten Stand an, stöberte ein bisschen in den ausgestellten Büchern und interessierte mich für einen echt niedlichen antiken Teddybären, während ich darauf wartete, dass meine Begleiterin zu mir aufschließen würde. Ich hatte das gesamte Sortiment des Standes erfasst und wanderte auf die andere Seite der Straße, an der es nur eine hohe Mauer gab, um mich dort ein bisschen aus der schiebenden, drängenden Masse zu halten und zu warten.

Wie war das nochmal? Nach Kornelimünster, um uns ein bisschen zu bewegen? Also ich hatte vor unserer Abfahrt auf der Couch mehr Bewegung gehabt als auf den ersten 10 Metern hier. Ich möchte euch allzu viele Details ersparen, da sich das alles quasi an jedem Stand so oder in ganz ähnlicher Form wiederholte. Um es ganz kurz zu machen: die ersten 40 Meter Trödel verschlangen wahnwitzige anderthalb Stunden.

Und dann gab es einen Kaffee-Stand. Nein, ich hatte keine Lust auf eine Pause. Ich hatte das dringende Bedürfnis, mich zur Abwechslung mal ein bisschen zu bewegen. Sie musste einen Espresso haben. Den trug sie dann vor sich her, denn sie kann ja heißen Kaffee nicht gut trinken. Statt sich also jetzt eine ruhige Parkbank an der Inde zu suchen und gemütlich den Kaffee zu trinken, was zwar meinem Bewegungsdrang weiterhin zu wenig Rechnung getragen hätte, aber dennoch besser gewesen wäre für meine Nerven als das Folgende, wanderten wir also weiter an den Ständen des Marktes vorbei.

Nervenaufreibend? Ja, denn meine Begleitung ist nicht besonders geschickt im Umgang mit Getränken in transportablen Behältnissen. Um es ganz einfach zu sagen: normalerweise dauert es nie lange, bis der Inhalt des Bechers seinen Aufenthaltsort in Richtung Erdboden verlässt. Sie beugte sich also über die Auslage eines Schmuckladens, mein Auge immer auf den Becher gerichtet, sprungbereit um die Katastrophe noch zu verhindern.

Dann folgte ein Stand mit Handtaschen und Portmonees. Auch hier war ich immer damit beschäftigt ihren Becher im Auge zu behalten, zumal einige andere Damen recht ruppig ihren Weg an die Auslage erkämpften, was den Inhalt des Pappbechers gefährlich ins Schwanken brachte. Auch hier ging alles gut. Und endlich trank sie mal einen Schluck ihres Kaffees.

Aber noch lange kein Grund durchzuatmen, denn als nächstes kam der von mir schon freudig erwartete Stand mit den Perlsacktieren. In der einen Hand einen schwankenden, halbvollen Espressobecher, musste sie mit der anderen Hand jedes Perlsacktier im Angebot einmal in Händen gehalten haben. Kaffeeflecken gehen nicht raus aus Perlsacktieren. Aber mal eine Weile warten und erstmal den Kaffee austrinken, bevor man in Waren stöbert? Nein, soviel gesunder Menschenverstand und so viel Knigge sind einfach nicht drin.

Es folgten noch drei weitere Stände, bis der Kaffee - zur Erinnerung: es war ein Espresso... vielleicht drei Schlucke schwarzen Gebräus - endlich ausgetrunken war. Ich hatte also endlich wieder ein bisschen Ruhe, und natürlich Zeit genug wirklich alles zu sehen. Immerhin hatte ich auf dem Jahrmarkt inzwischen deutlich mehr gestanden, als mich bewegt. Ich achtete schon darauf nur auf asphaltierten Wegen zu stehen, um nicht vielleicht am Ende noch irgendwo unabsichtlich Wurzeln zu schlagen.

Also, sie durfte jeden antiken Fingerhut ausgiebig begutachten, aber sobald ich versuchte mal ein schönes Foto zu machen, fing sie an zu nörgeln. Vor allem, weil ich für eine gute Perspektive auch schonmal den Weg verlasse und auf irgendwelche Mäuerchen klettere. Aber wehe ich sagte was, als sie am 4. Schmucktand mit exakt dem gleichen Angebot wie die vorhergehenden 3 eine Viertelstunde den gleichen Ring begutachtete, den sie bereits an Stand 2 und 3 in der Hand gehabt hatte.

Nun, ich könnte jetzt noch stundenlang erzählen, aber ich will euch nicht ganz so leiden lassen, wie ich gelitten habe und komme nun zum Schluss. Denn nach einer Runde waren wir wieder in Sichtweite des Kaffee-Standes vom Anfang unseres Besuches und ich hatte die Frechheit zu sagen, dass ich noch immer keinen Kaffee wollte. Damit fing das Leid an. Wutschnaubend, weil sie ja gar nichts von unserem Besuch auf dem Markt hatte... wir waren inzwischen über 3 Stunden hier, andere schaffen eine Runde inklusive Bratwurst, Souveniers und einem Bierchen in weniger als einer Stunde...

Wütend stapfte sie also bergauf zurück zum Parkplatz. Ich ließ sie gehen, machte schnell noch ein oder zwei Bilder und machte mich auch auf den Weg nach oben. Ich konnte sie nach einer Biegung schon von weitem auf einer niedrigen Gartenmauer sitzen sehen. Sie war nicht wütend genug um mich sitzen zu lassen, wartete aber auch nicht ab, bis ich bei ihr war, sondern sprang auf und stapfte schnaubend und vor sich hin grummelnd bergauf.

Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen und erwischte mich dabei, wie ich Wagners Ritt der Walkyren vor mich hinzupfeifen begann. Sie war weit genug weg, um sie damit nicht zu provzieren, aber es wäre mir egal gewesen. Ich glaube, sie hätte das Lied nichtmal erkannt. In jedem Fall aber saß sie schon im Auto, als ich gemütlich über die Wiese spazierte. Ich sagte nichts, stieg ein und wartete darauf, dass wir fahren würden. Der Parkplatz war inzwischen wieder so gut wie leer.

In dem Moment in dem sich meine Türe geschlossen hatte legte sie los: warum ich denn so gedrängelt hätte (hatte ich nicht) und ihr keine Zeit zu schauen gegeben hätte (okay, eine Viertestunde pro Stand war also deutlich zu wenig) und warum ich nichts gegessen hätte (ich hatte einfach keinen Hunger) und keinen Kaffee getrunken habe (ich wusste nicht, dass ich dazu verpflichtet gewesen war). Dann endlich startet sie den Motor, würgte ihn vor lauter Wut erstmal wieder ab, letzten Endes fuhren wir dann aber von der Wiese und über Feldwege zurück auf die normale Straße.

Auf der gesamten Fahrt wurde ich angebrüllt, und hatte auch noch den Nerv, mich nicht zu wehren. Wozu auch, ich kenne sie lang genug um zu wissen, dass alles -  scheißegal was auch immer ich hätte sagen können - das Falsche gewesen wäre. Also blieb ich stumm. Und damit kann sie gar nicht umgehen. Ich musste mir sogar anhören, dass ich nichtmal ein Geschenk von ihr hatte haben wollen. Selbst als ihr sagte, dass das ja lieb gemeint war, aber da nunmal nichts war, was mir gefallen hätte und dass es auch nicht nötig sei, mir was zu schenken. Ich sei ja gerne mit ihr nach Kornelimünster gefahren.

Tja, ich hätte den Mund halten sollen. Sie brüllte mich 5 Minuten lang in voller Lautstärke an, ignorierte dabei alle Verkehrsschilder und fuhr mit Bleifuß. Als ich dann am Ende ihrer an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfe noch immer nicht bereit war, mich zu verteidigen (wozu auch? ich hatte nichts getan), trat sie in die Bremsen, fuhr rechts ran und warf mich aus dem Auto.

Ich nahm also meine Kamera und stieg aus, da hatte sie es sich anders überlegt. Vielleicht war ihr eingefallen, dass sie kein Navi dabei hatte und keine Ahnung wo auf diesem Planeten sie sich überhaupt befand. Sie wollte losfahren, während ich gerade aus dem Auto schlüpfte. Ich warf noch die Türe hinter mir zu und machte mich grinsend auf den Weg zur nächsten Bushaltestelle. Auch wenn am Feiertag sicher nicht viele Busse fahren würden, ich hatte ja Zeit.

Sie fuhr mir hinterher, hupte, kreischte und wollte, dass ich wieder zu ihr einstieg. Aber ich kann manchmal ein stures Arschloch sein und irgendwie hatte ich gerade echt Lust dazu. Ich wechselte also die Straßenseite, so kam sie nicht mehr an mich heran, dann bog ich vor ihr wieder die Straßenseite wechselnd auf einen kleinen Platz ein, an dem sich die nächste Bushaltestelle befand.

Als sie dann heulend im Auto an die Haltestelle fuhr und mich anbettelte, doch wieder einzusteigen, hatte ich Erbarmen mit ihr und stieg nach einigem Zögern wieder ein, schließlich sollte sie sehen, dass ich das nicht einfach übergehen würde. Ich fuhr also schweigend mit ihr nach Hause. Während sie sobald das Auto sich bewegte wieder damit anfing mich anzubrüllen.

Als sie dann einmal Pause machte, um nicht an ihrer Wut zu ersticken, sagte ich nur, dass dieser Ausflug der letzte gewesen sei. Und das meine ich ernst. Zuhause angekommen habe ich dann noch den oben verlinken Bildbericht geschrieben und bin dann wortlos ins Bett.

Kornelimünster war schön, aber man sollte sich wirklich gut aussuchen, mit wem man hinfährt.

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