Freitag, 24. Oktober 2014

Der Bär ist nicht mehr kuschlig...

So früh habe ich mich noch nie aus einem Wochenende gemeldet. Im Grunde war dieses Wochendende so wie all die Wochenenden davor. Allerdings mit dem Unterschied, dass mein innerer Buddha gerade auf Urlaub ist. Sie kam früher als erwartet, hatte alle Staus auf ihrer Strecke heute hinter sich gelassen und war eigentlich ganz erträglich gelaunt. Ich hatte das Essen fertig und bereits alle Vorkehrungen getroffen, und innerhalb kürzester Zeit waren wir auch schon auf dem Weg zum Einkauf.

Während ich mich wie üblich um das Leergut kümmerte, stürzte sie sich auf den Wühltisch direkt hinter der Eingangstüre in der Hoffnung auf ein unerwartetes Schnäppchen. Vielleicht war es der Frust, kein solches gefunden zu haben, ich weiß nicht genau, was der Auslöser für das kommende war.

Ich schob also den Einkaufswagen den Gang entlang, vor uns ein paar andere Kunden. Sie redete gerade darüber, wie sie sich die Wochen über einmal Espresso auf dem Herd gekocht hatte, schlenderte hinter mir her und ich gab mir alle Mühe wenigstens ein bisschen Interesse zu heucheln. Ich ging also stetig weiter, wich den anderen Kunden aus und plötzlich herrschte absolute Stille. Das ist etwas, was ich von meiner Außerirdischen so nicht gewohnt bin.

Als ich mich umdrehte, musste ich feststellen, dass sie irgendwo auf der Strecke das Regal entlang verloren gegangen war. Sie stand wutschnaubend etwa 4 Meter den Gang runter am Brot und funkelte mich böse an. Ich nickt ihr zu, dass ich warten würde und blieb auch eine Weile dort stehen, wo ich ihren Verlust bemerkt hatte. Aber sie kam nicht. Sie funkelte nur noch wütender. Aber das beeindruckte mich nun wirklich nicht mehr, die Wirkung lässt mit der Zeit einfach nach, wenn man wegen allem und jedem angefunkelt und angeschrien wird.

Ich setzte mich nach einiger Zeit wohlwollenden Wartens also wieder in Bewegung und ging zum Ende des Ganges, um nach dem ersten Artikel auf meiner imaginären Einkaufsliste zu schauen: Shampoo. Ich hatte mich noch nicht nach der Flasche meiner Marke gebückt, als sie wutschnaubend hinter mir auftauchte. Sofort fauchte sie mich an, warum ich nicht gemerkt habe, dass sie nicht mehr hinter mir ist. (Der geneigte Leser wird das im Gegensatz zu meiner Außerirdischen verstehen, es sei denn er verfügt im Gegensatz zu mir und den meisten anderen über Augen im Hinterkopf) Ich würde sie immer so hetzen.

Nun, sie entriss mir den Einkaufswagen, drückte mir den Autoschlüssel in die Hand und meinte, wenn ich mich so benäme, könnte ich mich auch gleich ins Auto setzten und dort auf sie warten. Als ich meinte, dass das okay sei, entriss sie ihn mir wieder und stellte mich vor die Wahl, nach Hause zu gehen. Zu Fuß. Oder brav zu tun was sie will und möglichst nett und zuvorkommend alle ihre Gedanken zu erraten. Nun, ich drückte ihr lächelnd den Schlüssel in die Hand und ging meiner Wege.

Mir war es egal, dass ich fast 40 Minuten Fußweg vor mir hatte. Im Gegenteil, ich bin ihn sogar in Rekordzeit gewandert. Ein fröhliches Lied auf den Lippen und den festen Vorsatz im Kopf, dieses Wochenende kein Wort mehr mit ihr zu wechseln. Wird sicher ein lustiges Wochenende. Allerdings muss ich schon die ganze Zeit dermaßen breit grinsen, dass ich am Montag sicher Muskelkater in den Wangen haben werde. Aber ich fühle mich gerade so amüsiert, erleichtert, frei.

Vielleicht tut es ihr mal ganz gut, wenn sie merkt, dass ihr duldsamer Kuschelbär auch bockig sein und seine Krallen zeigen kann. Gekocht wird nicht. Und dass ich ihr vor dem Weihnachtsurlaub ihre Wäsche wasche, kann sie sich auch abschminken... und das Packen ihres Koffers darf sie auch ganz alleine versuchen... sie wird den netten Bären vermissen, der ihr sonst diese Sachen immer abnimmt...

Donnerstag, 2. Oktober 2014

Küchenpanik

Wie jedes Wochenende, so habe ich auch am letzten für sie vorgekocht. Für jeden Tag der Woche ein eigenes Gericht. Eine Putenpfanne mit Champignons und Zwiebeln, Hackfleischtopf mit Spitzkohl, Pastinaken-Petersilienwurzel-Püree mit Saurer Sahne und einen Tofu-Spinat-Ziegenkäse-Auflauf. Ich koche ja immer nur für Montag bis Donnerstag, da sie freitags ja meist zum Essen zuhause ist.

Dieses Wochenende kommt sie allerdings nicht. Ihre Schwester wird nebst Ehegatten und Tochter bei ihr unterschlüpfen, so lange in ihrem Haus der Boden abgeschliffen und neu versiegelt wird. Heute Abend werden sie in Münster ankommen und bis Sonntag bleiben. Leider weiß niemand in ihrer Familie, dass sie nicht kochen kann. Sie hat jahrelang meine Koch- und Backkreationen als ihre eigenen ausgegeben. Das wird sich dieses Wochenende vielleicht rächen.

Kurz vor 12 Uhr heute mittag erreichte mich ihr Anruf. Ob ich schon ihre Mail gesehen hätte. Nein, hatte ich nicht. Also schnell mal geschaut:

"Hallo,

was kann ICH kochen für alle, für abends, was aber auch relativ lecker und leicht ist? Kannst du mir bis Mittag bescheid geben, damit ich noch einkaufen kann?"

Aha. Etwas, was auch sie kochen kann. Klar doch. Und dann natürlich auch wieder mal unter Zeitdruck. Von Zwölf bis Mittag... Verdammt. Also schnell mal überlegt, was sie denn hinbekommen könnte ohne größere Katastrophen auszulösen. Mein erster Vorschlag: Gulaschtopf mit Salat und Chiabatta. Schnell alle Zutaten auf vier Personen hochgerechnet und eine Anleitung geschrieben. Sofort abgeschickt. Dann wieder zurück in die Entspannung geschaltet.

Dann klingelt das Telefon. Ob es nicht was Vegetarisches sein könne und außerdem Salat! Wo sie doch keinen tollen hinbekommt, weil sie kein Dressing machen kann. Am liebsten wäre ihr ja was mit Tofu. Ich würde ihr gerne schnell das Dressing erklären, aber 4 Zutaten übersteigen offenbar ihre Aufnahmefähigkeit, also soll ich ihr neben dem Rezept für ein einfaches, schmackhaftes und vor allem schnell zuzubereitendes Tofu-Gericht auch noch das für ein Senfdressing per Mail schicken.

Also das ganze noch mal von vorne. Wieder die Zutaten hochgerechnet, alles aufgelistet und dann die Zubereitungsanleitung in möglichst vielen kleinen Schritten aufs virtuelle Papier gebracht und ab nach Münster geschickt. Mal sehen ob sie das hinbekommt. Vor allem wenn ihre Schwester dabei zusieht. Die kann nämlich sehr gut kochen...

Ich bin mal gespannt, wann der nächste Hilferuf kommt. Manchmal frage ich mich, ob ich mich mit meiner Unterstützung nicht zum Kollaborateur einer Alien-Invasion machen werde, aber ich kann nicht anders... sie ist so verdammt hilflos, so ganz einsam auf diesem Planeten gestrandet ;-)