Dienstag, 15. Juli 2014

7:34 - Das furiose Finale

Wir tranken also einen Kaffee. Ich bekam einen Espresso, diesmal in einem Pappbecher. Nun, das hätte mich schon stutzig machen müssen, aber ich dachte mir nichts dabei. Außerdem gönnte ich mir eine Apfelschorle. Sie trank ihren Kaffee in Rekordzeit. Normalerweise wartet sie bis der Kaffee kalt ist, diesmal hatte sie ihren schneller leer als ich. Und richtig, sie hatte schon vor dem Café einen neuen Plan geschmiedet, mich in den Wahnsinn zu treiben.

Sie ließ mich unter dem Schirm im Freien sitzen und wollte "nur mal eben schnell um die Ecke nach einem Schmuckladen" schauen. Ich war schon froh, dass sie mich nicht zwang mitzugehen und stimmte erleichtert ihrem Vorhaben zu. Sie verschwand also unweit des Cafés an der nächsten Straßenecke. Ich trank meinen Espresso leer, und auch die Flasche Apfelschorle leerte sich zusehends, als das Personal anfing, die Stühle zu stapeln und die Schirme zu schließen.

Zu dem Zeitpunkt war sie schon eine gute Viertelstunde verschwunden. Ich räumte also meinen Platz, nahm die noch halbvolle Flasche in die Hand, sammelte die Einkaufstaschen mit ihrer bisherigen Beute zusammen und spazierte in Richtung der Ecke, um die sie verschwunden war. Weit und breit kein Schmuckladen. Ein Subway, ein Internetcafé, ein Tabakladen und auch auf der anderen Straßenseite nur eine Dönerbude. Ich wanderte also die Straße entlang bis zur nächsten Straßenecke. Weit uns breit kein Zeichen meiner Co-Habitantin.

Leicht verärgert wanderte ich also zurück in Richtung meines Ausgangsortes und schaute mich dort um, ob sie vielleicht irgendwo ums Eck kam. Es dauerte nochmal gute 10 Minuten, bis sie aus einer völlig anderen Richtung wieder zurück kam. Sie war die Straße lang, dann in die Seitengasse abgebogen und über die parallel verlaufende Fußgängerzone zurück gekommen. Verwundert darüber, dass von den Tischen und Stühlen vor dem Café nichts mehr zu sehen war.

Nun, kein Wunder, denn es ging auch in den größeren Läden langsam auf den samstäglichen Ladenschluss zu, einige kleinere Geschäfte waren längst verschlossen und dunkel. Wir wanderten also wieder in Richtung Kaufhof, denn ihr fehlten noch immer die passenden Ohrringe zu ihren Hochzeitsoutfit und da sie vergeblich nach einem Modeschmuck-Laden gesucht hatte, war sie der Verzweiflung nahe. Ich wies sie darauf hin, dass ich beim Kaufhof einige Schmuckständer gesehen hatte.

Also nochmal quer durch das gesamte Geschäft, denn Schmuck findet man an allen Enden und Ecken zwischen den Regalen verteilt. Die ersten 5 Ständer waren ein Reinfall. Dann mussten wir durch die Lederwarenabteilung wo es 20% auf Handtaschen gab. Spontan fiel ihr ein, dass sie als absolute Nicht-Handtaschen-Trägerin seit 12 Jahren auf den Familienfesten immer mit der selben Handtasche zu sehen war. Jetzt eine Clutch mit silberner Umhängekette wäre perfekt.

Aber die Handtaschen waren mehr von der Sorte Hausstand-Transport-Vorrichtung. Die einzige Clutch war aus schwarzem Lackleder mit Korkodilprägung und einer dermaßen scheußlichen Goldkette, dass ich sowas nicht mal meiner Oma untergeschoben hätte. Man muss dazu sagen, dass sie eine schlichte schwarze Handtasche besitzt. Eine absolut perfekte, kleine Tasche in klassischer Form, die man sicher auch in 20 Jahren noch immer zu kaufen bekommen wird, weil sie einfach das perfekte Design für eine Handtasche darstellt. Ratet mal, wer ihr die gekauft hat...

Ich rede also mit Engelszungen auf sie ein, bis sie mir endlich glaubt, dass es okay ist, wenn sie die alte Tasche zum neuen Outfit tragen wird. Bleiben noch immer die fehlenden Ohrringe. Ich hatte ihr da zu schlichten, weißen Perlensteckern geraten immerhin war ja die Bluse schon mit riesigen schwarzen Kristallen bestickt, da musste der restliche Schmuck eher zurückhaltend ausfallen.

Kurz vor der schon in Sichtweite liegenden Türe in Richtung des Foyers fanden wir dann einen Schmuckständer, der genau das bereithielt: kleine Perlenohringe. Leider alle mit goldenen Steckern und Gold ist nicht ihre Farbe. Ich atme tief durch, drehe einen zweiten Ständer um seine Achse und da sind sie: kleine weiße Stecker aus Perlmutt, dreieckig mit einer dunklen Spirale. Perfekt. Ich muss ihr aber erst die kitschigen, weißen Rosenblütenstecker ausreden, bevor ich es so einrichten kann, dass sie die Ohrringe findet.

Zufrieden kauft sie also die Ohrringe und wir machen uns auf den Weg zum Parkdeck. Das Ticket zeigte eine Parkhausverweildauer von 7 Stunden und 34 Minuten an. Neuer Rekord. Ich denke mal, eure Männer werden solch eine Zeit niemals erreichen, oder Mädels? Nun, ich lotste sie durch das Parkhaus und wir wollten noch zu Baby2000, was ich vor etwa 3 Stunden vorgescchlagen hatte, als sie vergeblich nach einer Zahndose für ihre Täuflinge gesucht hatte.

Sie fuhr allerdings schnurstracks auf die Autobahn, was bedeutete, dass wir erst noch im nächsten Ort drehen und zurück nach Aachen fahren mussten, dann ab ins Gewerbegebiet, um dann festzustellen, dass der Laden bereits seit mehr als einer Stunde geschlossen hatte. Sie setzte gerade dazu an, mich deshalb anzumotzen, da erinnerte ich sie daran, dass wir vor 3 Stunden natürlich noch einen offenen Laden vorgefunden hätten.

Erstaunlicherweise gab sie ihren Protest sofort auf, ich denke mal es lag an der aufkommenden Erschöpfung auch bei ihr. Also doch wieder auf die Autobahn und ab nach Hause. Da durfte ich dann brav die Taschen aus dem Kofferraum holen und mich nach Hause begeben, während sie sich noch einmal zu Fuß zum naheliegenden real,- Markt aufmachte, der hatte ja noch 2 Stunden geöffnet und ihr war das Shopping-Erlebnis wohl zu kurz gewesen.

In Wahrheit ging es nur darum, zu schauen, ob wir die Geschenke nicht vielleicht auch hier und zu einem vielleicht sogar günstigeren Preis bekommen hätten. Das ist auch so eine Marotte von ihr. Wenn ich etwas für mich gekauft habe, dann ist es okay. Sie muss dann noch mindestens 2 Wochen bei jeder Gelegenheit nachschauen, ob sie wirklich das beste Angebot wahrgenommen hat und wehe wenn nicht... Sie kam also kurz nach 21 Uhr zu Hause an. Befriedigt, wieder einen Fang gemacht zu haben: es gab die gewünschte Prinzessinnenkrone.

Mit diesem unerwarteten Erfolg endet also unsere Shopping-Odyssee. Oh, bis ihr einfällt, dass sie noch andere Schuhe brauchen könnte...


Aber das soll sie mal brav alleine machen, wenn sie in Münster ist.



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